von Dr. med. Konstantin Wagner

11.11.2020

Endometriose Facts // Teil 3 - Diagnostik // Habe ich Endometriose?

Ein wich­ti­ger Schritt zur Dia­gno­se die­ser Er­kran­kung ist die ei­ge­ne Wahr­neh­mung und der ei­ge­ne Ver­dacht auf En­do­me­trio­se. Wenn man als Pa­ti­en­tin den Ver­dacht hegt die Be­schwer­den könn­ten auch eine En­do­me­trio­se sein ist viel ge­won­nen. Na­tür­lich be­kommt man als Frau­en­arztI­in ein schnel­les Ge­fühl für Er­kran­kun­gen, aber wir se­hen Pa­ti­en­tin­nen we­ni­ge Mo­men­te in ih­rem Le­ben. Ihr seid täg­lich mit euch und eu­rem Kör­per be­schäf­tigt.

Ne­ben all den Be­mü­hun­gen und Un­ter­su­chun­gen, die eure Ärz­te an den Tag le­gen kön­nen, ist ein Fak­tor enorm wich­tig und ein­zig­ar­tig: Euer Kör­per­ge­fühl. Als Frau kennt man sei­nen Kör­per und die un­ter­schied­li­chen Pha­sen im Zy­klus um ein Viel­fa­ches bes­ser als au­ßen­ste­hen­de Men­schen. Ist et­was neu, über län­ge­re Zeit ver­än­dert und/ oder nie da ge­we­sen, kann ne­ben all den "nor­ma­len" Schwan­kun­gen auch an eine Er­kran­kung ge­dacht wer­den.

Die Fra­ge: "Könn­te ich En­do­me­trio­se ha­ben?" wer­de ich pau­schal auch hier nicht be­ant­wor­ten kön­nen, aber ich wer­de euch schil­dern wel­che Schrit­te ge­gan­gen wer­den um sich der Dia­gno­se zu nä­hern. Vor al­lem die zu­kunfts­träch­ti­gen Blut­tests auf En­do­me­trio­se ma­chen im­mer wie­der Hoff­nung und schei­nen ein Licht­blick für Ärz­te und Be­trof­fe­ne zu sein. Ob die Hoff­nung ge­recht­fer­tigt ist, lest ihr im Ex­per­ten- Teil wei­ter un­ten.

Was Ärz­te ma­chen:

Zu­hö­ren und die rich­ti­gen Fra­gen stel­len

Die so ge­nann­te Ana­mne­se:

Da­bei geht es um den Zy­klus, die Be­schwer­den, Vor­er­kran­kun­ge, Ste­ri­li­tät, Vor Ope­ra­tio­nen, ob es Fa­mi­li­en­mit­glie­der gibt mit ähn­li­chen Be­schwer­den, wel­che Ver­hü­tungs­me­tho­de be­reits wahr­ge­nom­men wur­de. Was ist mir Stress, Schlaf, was macht die Psy­che. Selbst In­for­ma­tio­nen über den Part­ner kön­nen hilf­reich sein.

Die Un­ter­su­chung

Bei Pa­ti­en­tin­nen mit (Ver­dacht auf) En­do­me­trio­se soll eine gy­nä­ko­lo­gi­sche Un­ter­su­chung

mit ge­teil­ten Spe­ku­la (In­stru­men­te zur va­gi­na­len In­spek­ti­on) und eine

bi­ma­nu­el­le (va­gi­nal und rek­tal) Tast­un­ter­su­chung durch­ge­führt wer­den.

Be­zu­̈g­lich der rek­ta­len Un­ter­su­chung exis­tie­ren kei­ne Stu­di­en, die da­durch ver­bes­ser­te Er­geb­nis­se nach­wei­sen, kön­nen aber für eine bes­se­re Pla­nung der ope­ra­ti­ven The­ra­pi­en die­nen.

Die trans­va­gi­na­le So­no­gra­phie (TVS) ist we­sent­li­cher Be­stand­teil. En­do­me­trio­se­her­de oder so­gar Zys­ten kön­nen hier un­ter Um­stän­den ge­se­hen wer­den. Au­ßer­dem kann man die Ul­tra­schall­son­de als In­stru­ment be­nut­zen und schau­en ob die Ge­bär­mut­ter ge­gen­über Darm­an­tei­len be­weg­lich ist, oder Schmer­zen bei Druck aus­ge­löst wer­den kön­nen. Falls die TVS kei­ne aus­rei­chen­de dia­gnos­ti­sche Si­cher­heit bie­tet, kann in Er­gän­zung

eine MRT des Be­ckens durch­ge­führt wer­den.

Die Ma­gnet­re­so­nanz­to­mo­gra­phie (MRT)

Hat ein dia­gnos­ti­sches Po­ten­ti­al. Ins­be­son­de­re Her­de in der Ge­bär­mut­ter­wand (Ade­no­myo­se), oder auch Her­de in Bän­dern und der Be­cken­wand kön­nen so un­ter Um­stän­den de­tek­tiert wer­den und er­lau­ben bei ei­ner tief in­fil­trie­ren­de En­do­me­trio­se eine bes­se­re Plan­bar­keit ei­ner Ope­ra­ti­on. Auch or­gan­über­grei­fen­de Her­de wie zum Bei­spiel an der Nie­re oder den Harn­lei­tern sind per Ul­tra­schall und auch wäh­rend ei­ner Bauch­spiel­ge­lung mit­un­ter nicht zu se­hen und kön­nen even­tu­ell durch das MRT ge­zeigt wer­den.

Die Ope­ra­ti­on - Bauch­spie­ge­lung

Ist und bleibt vor­erst noch der Gold­stan­dard. Die Bauch­spie­ge­lung er­mög­licht zum ei­nen die Aus­deh­nung der En­do­me­trio­se zu be­ur­tei­len, zum an­de­ren kön­nen sicht­ba­re Her­de in der glei­chen Sit­zung ent­fernt und ver­ödet wer­den. Die Ent­fer­nung dient eben­falls der fein­ge­web­li­chen Si­che­rung und Un­ter­su­chung. Nur der Blick un­ter das Mi­kro­skop wird letzt­lich die Ver­dachts­dia­gno­se be­stä­ti­gen. Es schwingt aber auch ein gro­ßes "aber" mit. Die Bauch­spieg­lung ist und bleibt eine Ope­ra­ti­on und auch ein gro­ßer Ein­schnitt. In das Le­ben der Be­trof­fe­nen und in den Kör­per. Je nach Al­ter der Be­trof­fe­nen wird man schon in sehr frü­hen Jah­ren ope­riert. Oft bleibt es nicht bei ei­ner Ope­ra­ti­on und jede neue Nar­be, jede neue Wun­de und jede neue Nar­ko­se ma­chen ei­nen sol­chen Ein­griff ris­kan­ter. Hin­zu kommt, dass of­fen­sicht­li­che Her­de zwar die Dia­gno­se si­chern und the­ra­peu­ti­sche Schrit­te schon in der OP ein­ge­lei­tet wer­den kön­nen, eine un­auf­fäl­li­ge Bauch­spie­ge­lung aber die Dia­gno­se kei­nes­falls aus­schlie­ßen kann. Nicht sicht­ba­re Her­de wie bei ei­ner tiefin­fil­trie­ren­de En­do­me­trio­se oder Ade­no­myo­se ma­chen die Dia­gno­se selbst mit ei­ner Bauch­spie­ge­lung schwer. Der Weg zur Bauch­spie­ge­lung soll­te also auch mit al­lem für und wi­der ge­mein­sam be­trach­tet wer­den.

Die Zu­kunft - Dia­gno­se per Blut­un­ter­su­chung?

Ak­tu­ell wird stark an ei­nem Test ge­forscht, der ohne eine OP si­cher die Dia­gno­se En­do­me­trio­se stel­len kann. Im­mer wie­der lau­fen Stu­di­en und Tests die zu­nächst viel­ver­spre­chend klin­gen und sich dann ver­lau­fen. Me­di­al im­mer wie­der (seit 2004!) prä­sent ist ein Test ei­ner Fir­ma mit Sitz in Groß­bri­tan­ni­en. An­geb­lich soll die­ser Test mit bis zu 90%iger Si­cher­heit das Vor­han­den­sein von En­do­me­trio­se, selbst in mi­ni­ma­ler und leich­ter Aus­prä­gung, vor­her­sa­gen.

Es wer­den da­bei Ver­än­de­run­gen von Erb­ma­te­ri­al in Mi­to­chon­dri­en un­ter­sucht. Wenn dem so wäre, dann ist es na­tür­lich auch ver­ständ­lich, dass bei En­do­me­trio­se eine fa­mi­liä­re Häu­fung zu be­ob­ach­ten ist. Das in den Mi­to­chon­dri­en vor­han­de­ne spe­zi­el­le Erb­gut wird je­weils von Mut­ter an die Toch­ter über­ge­ben. In der Ori­gi­nal­pu­bli­ka­ti­on wer­den eine Sen­si­ti­vi­tät von 81,8 % bzw. 85,1% und eine Spe­zi­fi­tät von 72,2 % bzw. 57,9 % be­schrie­ben. Wie man aus die­sen Zah­len auf eine 90%ige Si­cher­heit des dia­gnos­ti­schen Tests schlie­ßen soll, ist voll­kom­men un­klar.



Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.

​Ich lebe mit mei­ner Frau und mei­nen zwei Töch­tern in Nord­hes­sen.