von Dr. med. Konstantin Wagner

06.02.2019

Fliegt dein Kind auch mit Ultraschall?

Ab dem 31.12.2020 soll es eine neue ge­setz­li­che Re­ge­lung ge­ben, die Ul­tra­schall Un­ter­su­chun­gen ohne me­di­zi­ni­schen Grund ver­bie­ten soll. So­ge­nann­tes Baby Kino, Baby TV, Sono Flats wer­den künf­tig so­gar be­straft.

Hei­de­witz­ka.

War­um auf ein­mal die­ser gan­ze Rum­mel. Ul­tra­schall soll doch ei­gent­lich nicht schäd­lich sein oder?

Schau­en wir uns erst­mal an was Ul­tra­schall ei­gent­lich ist und wie er funk­tio­niert. Viel­leicht fin­den wir dann den po­ten­zi­ell schäd­li­chen As­pekt. Ul­tra­schall­wel­len sind hoch­fre­quen­te Schall­wel­len, die für das mensch­li­che Ohr nicht hör­bar sind. Un­ser Ohr ist für eine sol­che Fre­quenz ein­fach taub. Doo­fes Ohr. Hun­de zum Bei­spiel kön­nen in ei­ner sol­cher Fre­quenz hö­ren.

Die­se Schall­wel­len ent­ste­hen durch - Ach­tung Stre­ber­wis­sen - durch den Pie­zo­elek­tri­schen Ef­fekt (von alt­gr. piez­e­in = "pres­sen"). Für Nor­ma­los: ein spe­zi­el­ler Kris­tall in die­sen Plas­tik um­hüll­ten Schall­köp­fen wird „ge­presst“, was dazu führt, dass Schall­wel­len aus­ge­sandt wer­den. Die­se wie­der­um sau­sen zum Teil durch un­se­re Haut, un­ser Fett und wer­den schließ­lich re­flek­tiert, ab­sor­biert (auf­ge­nom­men) oder ge­beugt (ab­ge­lenkt). Der schlaue Schall­kopf hat sich ge­merkt wie­vie­le sei­ner Schall­wel­len flüg­ge ge­wor­den sind und rech­net nun aus wie­vie­le und vor al­lem wann sie zu­rück­ge­kom­men sind und wie­viel ver­lo­ren ge­gan­gen sind. Das ver­packt er dann noch in ein elek­tri­sches Si­gnal und macht dar­aus ein mehr oder we­ni­ger hüb­sches z.B. schwarz weiß Bild. Tol­le Sa­che. Wo ist das Pro­blem? Die frü­he­ren al­ten Ge­rä­te hat­ten eine schlech­te­re Auf­lö­sung. Das lag dar­an , dass man die Schall­wel­len tech­nisch nicht in ei­ner solch ho­hen Fre­quenz los­schi­cken konn­te, wie man es heu­te kann. Sa­gen wir mal die „Kraft“ den Kris­tall zu „pres­sen“ reich­te nicht aus. Heu­te ha­ben wir eine su­per Auf­lö­sung, weil wir tech­nisch mehr „Kraft“ ha­ben. Das führt zu en­er­gie­rei­che­ren Fre­quen­zen der Schall­wel­len. Das tü­cki­sche an Ul­tra­schall­wel­len ist, dass vie­le von ih­nen (an­ders als bei Rönt­gen zum Bei­spiel) vom Ge­we­be ab­sor­biert, also auf­ge­nom­men wer­den. Ge­ra­de kind­li­che Kno­chen in der Ent­wick­lungs­pha­se kön­nen Ul­tra­schall ab­sor­bie­ren. Ob und in­wie­fern dies in spä­te­ren Jah­ren Aus­wir­kun­gen ha­ben könn­te ist heu­te noch un­klar. Fest steht, dass nach heu­ti­gem wis­sen­schaft­li­chen Stand kei­ne Lang­zeit­fol­gen durch Ul­tra­schall­wel­len zu be­fürch­ten sind. Wir spre­chen aber über ein nor­ma­len Maß an Un­ter­su­chun­gen. Auch Ri­si­ko­schwan­ger­schaftssdap­tier­ter (ein Wort für Scrabb­le) Ul­tra­schall birgt zu­nächst kei­ne Ge­fahr. Es geht hier also nicht dar­um die Vor­sor­ge ab­zu­schaf­fen, oder die nö­ti­ge Fein­dia­gnos­tik aus­zu­boo­te.

Bei dem Ge­set­zes­ent­wurf geht es vor al­lem dar­um das un­ge­bo­re­ne Le­ben, also Schutz­be­foh­le­ne, zu schüt­zen. Wenn sich Er­wach­se­ne, die Ri­si­ken und Ne­ben­wir­kun­gen in Kauf neh­mend, für ei­nen nicht nö­ti­gen, aber er­wünsch­ten Ul­tra­schall ent­schei­den ist das eine Sa­che. Wenn über un­ge­bo­re­nes Le­ben un­ge­ach­tet mög­li­cher Ge­sund­heits­ge­fähr­dung zur Be­spa­ßung und Freu­de der wer­den­den El­tern ent­schie­den wird, ist es eine an­de­re Sa­che, so der Ge­setz­ge­ber.

Es wird also wei­ter­hin Ul­tra­schall ge­ben, es wird wei­ter CTG‘s ge­ben, aber nicht maß­los wie zum Teil heut­zu­ta­ge prak­ti­ziert, son­dern mit dem Ge­dan­ken dar­an war­um und wozu die­se Me­tho­de er­fun­den wur­de, an die Sinn­haf­tig­keit und den Zweck die­ser Un­ter­su­chung. Näm­lich eine früh­zei­ti­ge Er­ken­nung von Ri­si­ken bei Mut­ter und Kind.

Klar. Es wird Schlupf­lö­cher ge­ben, wel­che dann „me­di­zi­ni­sche In­di­ka­ti­on“ ge­nannt wer­den. Es ob­liegt den zu­stän­di­gen Ärz­ten über das Für und Wi­der zu ent­schei­den.

Mei­ne per­sön­li­che Mei­nung zu der gan­zen Ge­schich­te: ein gu­ter und ein wich­ti­ger An­satz. Eine Un­ter­su­chung dient dazu et­was zu un­ter­su­chen. Wir las­sen es uns ja auch nicht wö­chent­lich den Darm spie­geln. Die So­no­gra­phie ist ein wich­ti­ges und mäch­ti­ges In­stru­ment um -rich­tig ein­ge­setzt- Ri­si­ken früh­zei­tig zu er­ken­nen und ih­nen vor­zu­beu­gen. Es soll­te kein Spiel­zeug sein und schon gar nicht zur "Be­spa­ßung" der "da drau­ßen" auf mög­li­che Kos­ten von "de­nen da drin" die­nen. 



Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.

​Ich lebe mit mei­ner Frau und mei­nen zwei Töch­tern in Nord­hes­sen.