von Dr. med. Konstantin Wagner

13.12.2019

"Was sind Beta Streptokokken?"

Zu­nächst ein­mal muss man klä­ren was #strep­to­kok­ken über­haupt sind. Es sind Bak­te­ri­en. Wie du viel­leicht weißt gibt es tau­sen­de Ar­ten von Bak­te­ri­en mit un­ter­schied­lichs­ten Cha­rak­te­ris­ti­ka. Stell dir ein­fach vor man sagt: Es gibt Hun­de. Es ist also eine Art Über­be­griff. Un­ter den Bak­te­ri­en gibt es so ge­nann­te Strep­to­kok­ken. Stell dir vor man sagt Da­ckel. Und un­ter den Strp­to­kok­ken gibt es un­ter an­de­ren die Strep­to­kok­ken der Grup­pe B.

B- Strep­to­kok­ken, oder beta- Strep­to­kok­ken (GBS). Stell dir vor ich sage Rau­haar­da­ckel.

Strep­to­kok­ken stel­len eine gro­ße Grup­pe von Bak­te­ri­en dar, die zu sehr un­ter­schied­li­chen Er­kran­kun­gen füh­ren kön­nen.

Wich­tig wer­den sie in der Schwan­ger­schaft, weil man ge­se­hen hat, dass die­se GBS bei 10–30% der meist Schwan­ge­ren vor­kom­men kön­nen.

Wir sind also mit die­sen Bak­te­ri­en be­sie­delt ohne das sich un­ser Kör­per dar­an stört. So­weit, so gut.

Man hat ge­se­hen, dass die­se Bak­te­ri­en zwar nicht für die Mut­ter ge­fähr­lich sein müs­sen, aber bei Ge­burt auf das Kind über­tra­gen wer­den kön­nen. Hier kann es zu ei­ner

In­fek­ti­on und Ge­fähr­dung des Kin­des (be­son­ders bei nied­ri­gem Ge­burts­ge­wicht und bei Früh­ge­bo­re­nen) kom­men. Die­se In­fek­ti­on kann ei­nen schwe­ren Ver­lauf im Form ei­ner Blut­ver­gif­tung (Sep­sis) mit Hirn­haut­ent­zün­dung (Me­nin­gi­tis) neh­men. Man un­ter­schei­det hier­bei das zeit­li­che Vor­kom­men die­ser In­fek­ti­on in ei­ner

Ear­ly On­set:

Schwe­re Sep­sis in we­ni­gen Stun­den bis 7 Tage nach Ge­burt mit ei­ner Sterb­lich­keit (Le­ta­li­tät) von 60–70 %. Und eine

Late On­set:

1–8 Wo­chen nach Ge­burt mit me­nin­gi­ti­schen Sym­pto­men und oft neu­ro­lo­gi­sche Rest­schä­den. Das Keim­spek­trum ist hier je­doch ein an­de­res, da es sich um In­fek­tio­nen nach der Ge­burt han­delt. Hier liegt die Le­ta­li­tät bei 10–20 %.

Um dem zu­vor­zu­kom­men wur­de ein Scree­ning (Su­che) in der 35+0 bis 37+0 SSW eta­bliert, bei dem dei­ne Gy­nä­ko­lo­gin/ Gy­nä­ko­lo­ge ei­nen Ab­strich vom In­tro­itus (kei­ne Spe­ku­lu­m­un­ter­su­chung nö­tig!) und am Ano­rek­tal­ab­strich macht und die­sen ins La­bor schickt um zu schau­en, ob bei dir die­se Bak­te­ri­en vor­han­den sind.

Pro­blem da­bei ist: die­se Leis­tung wird ak­tu­ell nicht durch Kas­sen er­stat­tet. War­um nicht? Ich den­ke es geht wie im­mer um den lie­ben Kos­ten- Nut­zen Ver­gleich. Eine In­fek­ti­on des Kin­des ist Gott sei Dank sel­ten, so­dass ein flä­chen­haf­tes Scree­ning für die Kas­sen sehr kost­spie­lig wäre.

Ri­si­ko­fak­to­ren für Über­tra­gung auf das Kind sind üb­ri­gens:

Eine hohe Keim­dich­te im müt­ter­li­chen Uro­ge­ni­tal­trakt zum ET.

In­ter­vall Bla­sen­sprung – Ent­bin­dung > 18 h.

Fie­ber un­ter der Ge­burt

Früh­ge­burt vor 37+0.

Z.n. Ge­burt ei­nes an GBS er­krank­ten Neu­ge­bo­re­nen

Üb­ri­gens: Eine Was­ser­ge­burt er­scheint auch bei po­si­ti­vem GBS-Sta­tus nach ak­tu­el­ler Da­ten­la­ge ver­tret­bar.

Was pas­siert, wenn bei dir GBS nach­ge­wie­sen wor­den sind?

Es kommt dar­auf an zu wel­chem Zeit­punkt sie nach­ge­wie­sen wur­de.

Soll­ten sie im Rah­men des Scree­nings nach­ge­wie­sen wor­den sein er­folgt bei Ge­burts­be­ginn, also vor­zei­ti­gem Bla­sen­sprung oder mut­ter­mund­s­wirk­sa­mer We­hen­tä­tig­keit eine pro­phy­lak­ti­sche an­ti­bio­ti­sche The­ra­pie. Hier­durch wird die In­zi­denz (Neu­auf­tre­ten) der Ear­ly-On­set-Er­kran­kung um 70% ge­senkt. Oder auch: ohne The­ra­pie 1,7 Fäl­le/1000 Ge­bur­ten; mit The­ra­pie 0,6 Fäl­le/1000 Ge­bur­ten.

Die Late-On­set-Er­kran­kung wird nicht be­ein­flusst, da sie auch häu­fig durch an­de­re Kei­me ver­ur­sacht wer­den kann.

Soll­ten die Bak­te­ri­en zu­fäl­lig vor die­sem Zeit­raum nach­ge­wie­sen wer­den ist eine an­ti­bio­ti­sche The­ra­pie ohne Sym­pto­me nicht ef­fek­tiv.

Üb­ri­gens: Schwan­ge­re mit vor­an­ge­gan­ge­ner Ge­burt ei­nes GBS-in­fi­zier­ten Kin­des müs­sen be­han­delt wer­den, un­ab­hän­gig vom letz­ten Ab­strich­re­sul­tat.

Die Ent­schei­dung ob du dich tes­ten las­sen möch­test und die Kos­ten über­neh­men willst ob­liegt euch. Ärzt­li­cher Fakt und Wunsch ist je­doch:

Ein Scree­ning al­ler Schwan­ge­ren im letz­ten Tri­me­non auf GBS wäre zu emp­feh­len.

Quel­le:

Uhl BStrep­to­kok­ken der se­ro­lo­gi­schen Grup­pe B (GBS). In: Uhl B, Hrsg. Gy­nä­ko­lo­gie und Ge­burts­hil­fe com­pact. 6. voll­stän­dig über­ar­bei­te­te und er­wei­ter­te Auf­la­ge. Stutt­gart: Thie­me; 2017. doi:10.1055/b-004-132264



Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.

​Ich lebe mit mei­ner Frau und mei­nen zwei Töch­tern in Nord­hes­sen.